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Gemeinsame Herbsttagung 2012 der regionalen Schulentwicklung und dem ZfL Würzburg

All children benefit from cooperation among home, school and community
„Schulen auf dem Weg zur Inklusion - Unterschiede als Bildungschance“

„ALLE Kinder profitieren von einer Kooperation zwischen Familien, Schulen und Staat.“ Diese Erkenntnis nahm in seinem Feedback ein Teilnehmer der Schulentwicklungstage 2012 mit und wies damit auf zwei wesentliche Aspekte der Thematik „Inklusion“ hin: Zum einen wird Inklusion nicht ohne eine engmaschige Kooperation der oben genannten Institutionen gelingen und zum anderen ist das Ziel von Inklusion nicht nur eine besondere Förderung von Schülern mit Förderbedarf, sondern das Schaffen einer Win-win-Situation sowohl für behinderte als auch für nicht-behinderte Schüler.


Die Herbsttagung wurde gemeinsam von der regionalen Schulentwicklung, vertreten durch die unterfränkischen Schulentwicklungskoordinatorinnen und –koordinatoren aller Schularten,
und des Zentrums für Lehrerbildung und Bildungsforschung der Universität Würzburg am 11. und 12.10.2012 in der Universität Würzburg durchgeführt. Vertreter der Universität, der Schulaufsicht, sowie etwa 300 Lehrer und Studierende nahmen an der zweitägigen Veranstaltung teil.


Inklusion fokussiert die grundlegende Frage auf den Umgang mit Verschiedenheit in pädagogischen Kontexten. Damit soll eine enge, allein an Platzierungs- und Förderungsfragen von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen orientierte Sichtweise überwunden werden. Die inklusive Beschulung in einer Schule für alle Schülerinnen und Schüler wird weltweit seit langem diskutiert und erhält durch die 2009 in Deutschland in Kraft getretene UN - Behindertenrechtskonvention neue Aufmerksamkeit.


Prof. Dr. Rolf Werning von der Universität Hannover (im Bild) wies in seinem Einführungsreferat auf den Nachweis empirischer Studien hin, dass Kinder mit Förderbedarf bei einer Beschulung in heterogenen Lerngruppen erstaunliche Entwicklungsfortschritte zeigen. Gleichzeitig gebe es keine signifikanten Entwicklungshemmungen nicht behinderter Schüler. „Dieser Effekt tritt jedoch nur dann ein, wenn in der Lerngruppe genug gute Schüler zu finden sind“, führte Werning aus. Laut Werning sei damit die Inkludierung benachteiligter Schüler an Haupt- bzw. Mittelschulen möglicherweise ein „pädagogischer Kunstfehler“, da es dort ohnehin viele Problemlagen gebe. „Die Inklusionsschule, das muss eigentlich das Gymnasium sein!“

Eine Untersuchung des Jahres 2010 ergab, dass sich in Deutschland 83% aller Schüler mit Förderbedarf in Sondereinrichtungen befinden (Schweden 4%, Finnland 15%). Werning: „Allerdings bleibt festzuhalten, dass – auch in Skandinavien - nicht überall Inklusion drin ist, wo Inklusion drauf steht“.

Neben der Unterstützung durch Bildungspolitik und -verwaltung sind laut Werning eine inklusive Schulkultur, eine inklusionsüberzeugte Schulleitung und der Aufbau von Teamstrukturen zentrale Faktoren, die schulische Inklusion unterstützen.

Die Berliner Erziehungswissenschaftlerin und Inklusionsexpertin Prof. Dr. Jutta Schöler (im Bild) plädierte für eine ausnahmslose Inkludierung behinderter Kinder – unabhängig vom Grad der Behinderung. Es sei die Pflicht aller Schulen, sich auf die Inklusion behinderter Kinder vorzubereiten. Gleichzeitig müsse weiter an einer Bewusstseinsdisposition für den gemeinsamen Unterricht
von behinderten und nicht behinderten Kindern gearbeitet werden – und zwar nicht nur bei Lehrern, sondern auch bei Eltern, Schulverwaltungen und überhaupt in der Öffentlichkeit. Schöler: „Das System muss sich an Heterogenität anpassen, nicht umgekehrt!“

Schöler bestätigte Wernings Standpunkt hinsichtlich des Ortes für Inklusion: „Inklusion in Hauptschulen würde bedeuten, Jugendliche, die sich bereits ausgesondert fühlen, damit zu beauftragen, andere Ausgesonderte zu integrieren.“


Gelingensbedingungen für Inklusion sind laut Schöler Kooperationsbereitschaft aller beteiligten Erwachsenen, die feste Implementierung von Sonderpädagogen in das Kollegium der Regelschule, Zeit für längere, überfachliche Projekte und die Einbindung von Therapeuten (Logopäden u.a.) in Ganztagesschulen.


Dr. Christoph Ratz, Sonderpädagoge der Universität Würzburg (im Bild), betonte in seinem Referat, Heterogenität beinhalte die Gefahr, dass die Fachlichkeit zu kurz komme. Dem müsse begegnet werden, indem der Stoff so aufbereitet wird, dass jedes Kind zu Lernaktivität angeregt wird und sich kognitiv weiterentwickelt. „Aufgabe von inklusiver Didaktik ist das Erstellen und Sammeln von Lernformaten und Lernumgebungen, die fachlichen Anspruch und natürliche Differenzierung vereinen.“


Den Abschluss der Herbsttagung bildeten am Freitag 13 Workshops, in welchen schulartübergreifende und schulartspezifische, praxisorientierte Themen behandelt wurden. Das Spektrum reichte dabei von „Wegen für einen inklusiven Unterricht am Beispiel Südtirols“ über „MSD an Berufsschulen-konkrete Fallarbeit“ bis hin zu „Online-Lehren und – Lernen als Beitrag zu einer inklusiven Schule“.

Kulinarisch versorgt wurden alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer von den „Kolping-Boys“, einer Schülergruppe der Adolph-Kolping-Schule Würzburg. Für den musikalischen Einstieg sorgte die Musikgruppe des Zentrums für Körperbehinderte.

Fotos: Rudi Schmitt, Dr. Britta Schmidt;
Text: Manuel Schmidt